E-Bike-Tour: Unterwegs auf dem rollenden Hochsitz

Ganz so rasant wie auf dem nahe gelegenen Nürburgring geht es in Winnerath zwar nicht zu. Doch wer mit Siggi Verdonk auf E-Bikes durch die Flusstäler der vulkanischen Ahr-Eifel fährt, erlebt allemal den einen oder anderen Geschwindigkeitsrausch.

Rheinische Post vom 12.04.14 BIRTHE ROSENAU

Gleich muss er kommen, dieser Augenblick, in dem die Wadenmuskeln zu brennen beginnen. Der Moment, ab dem es harte Arbeit ist, das Stück von Adenau ins höher gelegene Wimbach zu gelangen. Doch er bleibt aus. Stattdessen fühlt es sich an, als würde eine unsichtbare Schnur die Radfahrer immer weiter den Berg hochziehen. Natürlich, sie trampeln noch. Aber ein gutes Stück der Anstrengung nimmt ihnen das E-Bike ab.

„Die Räder ziehen gut, nicht wahr?“, ruft Siggi Verdonk. Der Tourleiter ist sichtlich zufrieden mit den orangefarbenen Hochleistungs-Drahteseln. 30 Räder sind eigens für Siggi Verdonk und das Hotel Dreimäderlhaus konfiguriert worden, sie sollen den hohen Ansprüchen für lange Touren in der Eifel standhalten können.

Denn: „Die meisten Elektroräder sind nicht leistungsfähig genug für die Berge, die Reichweite des Akkus ist zu niedrig“, weiß Verdonk.

Und obwohl die Hohe Acht mit 747 Metern die höchste Erhebung der Eifel ist: Wer mit Muskelkraft allein die Routen entlang der vielen Flüsse und Bäche, durch dichte Wälder und über saftig-grüne Hochflächen mit fantastischen Weitblicken genießen will, muss hartgesotten sein. Für alle anderen sind E-Bikes ein echter Gewinn. „Sie sind wie ein rollender Hochsitz“, sagt Siggi Verdonk und schmunzelt.

Seit vielen Jahren zeigt er Gästen als Wanderführer die Schönheit der vulkanischen Ahr-Eifel. Inzwischen ist er fast genauso oft auf zwei Rädern unterwegs. Zwischen 40 und 70 Jahre sind die Teilnehmer alt, die meisten von ihnen verbinden den Aufenthalt mit einer Woche Fasten oder Frischkosternährung. 46 Kilometer stehen heute auf dem Plan: Von Winnerath geht es nach Reifferscheid, dann durch das Lückenbachtal über Insul und Dümpelfeld durch das Tal des Adenauerbachs vorbei an Niederadenau und Leimbach nach Adenau.

Orte, von denen Menschen außerhalb der Eifel vielleicht noch nie gehört haben. Doch den benachbarten Nürburgring kennen sie alle. Ganz so rasant wie einst auf der Rennstrecke geht es zwar bei den Touren nicht zu.

Doch spätestens bei der Abfahrt vom 50- Seelen-Dorf Lückenbach ins Ahrtal kommt der erste Geschwindigkeitsrausch auf. 40 Stundenkilometer erreichen da auch die 24 Kilo schweren E-Bikes spielend. Nur die Rennradfahrer, die die Gruppe begleiten, rauschen da noch vorbei. „Aber die hängen wir bergauf dann wieder ab“, sagt Verdonk. Am Mittag erreichen die Radler Adenau, die größte Stadt der auf 257 Quadratkilometern dünn besiedelten Verbandsgemeinde mit 37 Orten und rund 14 000 Einwohnern. Die letzten 15 Kilometer dorthin hat das E-Bike ganz von allein zurückgelegt, so scheint es. Denn jetzt geht es bequem und ebenerdig über die Trasse der Ahrtalbahn, die 1985 stillgelegt wurde. Von Wirft nach Rodder können die E-Bikes dann endgültig zeigen, was in ihnen steckt. Vier Kilometer schraubt sich die Straße nach oben.

Während bei vielen Radfahrern der Grad der Unterstützung – wählbar zwischen Eco, Tour, Sport und Turbo – bisher noch im unteren Bereich lag, legen jetzt fast alle noch ein Schippchen drauf. Spätestens im Turbo-Modus zieht einen der Motor sogar den steilsten Berg hinauf. So erreichen die Radler ohne großes Schnaufen wenig später die Gemeinde Rodder – und werden mit einem exzellenten Eifelpanorama belohnt. Zurück in Winnerath kommen die Räder über Nacht an die Stromtankstelle.

Die Menschen erfrischen sich unterdessen mit einem Kneippgang oder legen auf der Terrasse die Füße hoch.

Denn morgen geht es von Neuem los.

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